Positiv überrascht zeigte sich Hans-Georg Friedmann, Vorsitzender der Amnesty International Gruppe Kulmbach angesichts des großen Interesses an der Veranstaltung “Kulmbach nach dem Holocaust”.
“Es zeigt sich, dass das Interesse an dem, was damals geschah, an diese schreckliche und grausame Zeit des Faschismus und seine Folgen immer noch vorhanden ist. Das macht mir trotz des gegenwärtigen Rechtsrucks in Deutschland wieder etwas Mut, dass es doch immer noch Menschen gibt, die für eine Gesellschaft, die die Menschenrechte schätzt, einstehen wollen” so Hans-Georg Friedmann. In der Tat war das “Café Clatsch” im ehemaligen Burggut mit ca. 50 Besuchenden randvoll gefüllt.
Der bekannte Historiker Wolfgang Schoberth begann seinen Vortrag mit beeindruckenden und schockierenden Bildern von der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee der UdSSR. Er referierte auch über die Todesmärsche, zu denen im Januar 1945 die noch lebenden KZ-Häftlinge von den brutalen SS-Verbrechern gezwungen wurden. Das Beseitigen von Spuren ihres verbrecherischen und menschenverachtenden Tuns war für die Faschisten das Motiv für diese Verbrechen.
In den Wirren des Jahres 1945 kamen dann unzählige Menschen nach Kulmbach. Die kleine Stadt mit 18.000 Einwohnern wuchs um 6000 Personen an, so Schoberth. Diese Menschen, befreite Zwangsarbeiter, deutsche Soldaten der Wehrmacht, die in Gefangenschaft der US-Army geraten waren und sogenannte Displaced Persons, Vertriebene und Heimatlose aus osteuropäischen Ländern wurden in einem Lager in den Mainwiesen zwischen Kulmbach und Mainleus untergebracht, da der Wohnraum in Kulmbach äußerst knapp bemessen war.
Unter diesen Displaced Persons befanden sich Menschen jüdischen Glaubens aus Osteuropa, die mit der Reorganisation der jüdischen Gemeinde in Kulmbach begannen. Tatkräftig unterstützt wurden sie dabei von dem sozialdemokratischen Bürgermeister Georg Hagen und dem zweiten Bürgermeister und Stadtrat Friedrich Schönauer, einem Sozialdemokraten, der von 1933 – 1945 in Gefängnissen und KZs der Faschisten inhaftiert und im Widerstand aktiv war.
Diese jüdische Gemeinde existierte leider nur bis 1948, da es die noch in Kulmbach lebenden Menschen jüdischen Glaubens dann vorzogen, in den entstandenen Staat Israel zu migrieren.
Dazu beigetragen hat damals sicher der noch stark in der Bevölkerung vorhandene Antisemitismus, der leider auch durch den Versuch der Reeducation mittels des Films “Die Todesmühlen”, den sich ehemalige Mitglieder der NSDAP im Burgtheater ansehen mussten, nicht wesentlich verringert werden konnte.
Der ausgezeichnete Vortrag von Wolfgang Schoberth führte zu einer regen Diskussion die deutlich machte wie wichtig es ist, die Erinnerung an die brutale NS-Diktatur und die von den Faschisten begangenen Verbrechen am Leben zu erhalten.
Denn “wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen”, zitierte Amnesty-Mitglied Arno Pfaffenberger den US-amerikanischen Philosophen spanischer Herkunft George Santayana.